The Best of the Bat – Teil 2

Die 10 besten Batman-Stories aller Zeiten

Im zweiten Teil unserer Fledermaus-Top-Ten streifen wir mit dem Mitternachtsdetektiv durch die Straßen einer kaputten Stadt und stehen dem Bösen von Angesicht zu Angesicht gegenüber.

7

Kaputte Stadt
Broken City (2003)
Brian Azzarello / Eduardo Risso

Anfang der 2000er Jahre hatte DC bereits gute Erfahrungen damit gemacht, die monatliche Batman-Serie dem unbestritten besten lebenden Gangster-Comic-Autoren, Ed Brubaker, anzuvertrauen. Da lag es nahe, sie nach dessen Abgang in die Hände des anderen unbestritten besten lebenden Gangster-Comic-Autoren, Brian Azzarello, zu legen – zumal dieser im Paket mit seinem Stammzeichner Eduardo Risso zu bekommen war. Dieses Dream Team, dem wir auch die großartige Serie 100 Bullets verdanken, lieferte, was man von ihm erwarten durfte: Eine dichte, hartgesottene Krimigeschichte mit skrupellosen Verbrechern, die sich in schmutzigen Straßen herumtreiben, verführerischen Damen in dünnen Nachthemden und einem Batman, der eher auf der zynischen Seite der Flattermannskala positioniert ist und bevorzugt dem Grundsatz „erst schlagen, dann fragen“ folgt.

Risso findet die passenden Bilder für Azzarellos am Pulproman geschulte Schreibe. Sein meisterhafter Umgang mit Licht und Schatten, mit extremen Perspektiven und starken Silhouetten machen ihn geradezu zum idealen Batman-Zeichner – was umso erstaunlicher ist, als er jedem, der es wissen will, gerne erzählt, dass er nun wirklich gar nichts von Superhelden im Allgemeinen und Batman im Besonderen hält und derartige Auftragsarbeiten nur deshalb übernimmt, weil man halt auch als Starzeichner von irgend etwas leben muss.

Auch dass seine Figuren immer nah an der Karikatur vorbeischrammen, macht sie nur noch greifbarer – und einer profitiert davon ganz besonders: Killer Croc, der vielen anderen Zeichnern ins Albern-Absurde abgleitet, erfährt hier eine denkwürdige Interpretation als lässiger Bilderbuchgangster mit Goldkette und Leopardenhut. Und er darf schließlich auch das Motto für das ganze Buch setzen. Als Batman ihn fragt, warum er mit seinen bei ihrer letzten Begegnung zu Bruch gegangenen Zähnen nicht zwischenzeitlich beim Zahnarzt war, wird seine zwischen zersplitterten Stümpfen herausgespuckte Antwort zu einem aus tiefster Überzeugung vorgebrachten Lob auf all das Kaputte, Zerbrochene und Verdrehte: „Ich ging zu ihm. Aber als ich dort saß, gefiel mir dieser Look plötzlich.“

6

Im Zwiespalt
Face to Face (2006)
James Robinson / Leonard Kirk, Andy Clarke, Don Kramer, Keith Champagne u.a

Um den abgestumpften Leser hinter dem Ofen vor und an den Kiosk zu locken, veranstalten die Comicverlage mit unschöner Regelmäßigkeit ihre sogenannten Megaevents; Spektakel kosmischen Ausmaßes, die niemand verpassen darf, weil zentrale Figuren wundersame Veränderungen durchmachen, sterben, wiedergeboren werden, zwischen Universen, Realitätsebenen oder Dimensionen hin- und hergeschleudert werden, von den Guten zu den Bösen wechseln oder umgekehrt und – kurz zusammengefasst – alles auf den Kopf gestellt wird, was vorher gültig war. Hinterher herrscht ein Durcheinander wie Sonntagabends im Kinderzimmer, und irgendwer darf dann die Reste der Actionfiguren hinterm Regal und unterm Teppich hervorklauben und überprüfen, welche noch funktionieren und welcher Kopf auf welchen Körper passt. Diese undankbare Aufgabe übernahm James Robinson 2006 nach der Infinite Crisis für das Batman-Universum, und er meisterte sie mit Bravour.

Vordergründig ist Face the Face eine recht geradlinige Detektivgeschichte, die damit beginnt, dass Batman nach mehrmonatigem Aufenthalt in der Fremde nach Gotham zurückkehrt. Gleich der erste Fall, mit dem er nach seiner Rückkehr zu tun hat – eine Reihe von Morden an zweitklassigen Superschurken – führt ihn zu einem überraschenden Verdächtigen: dem von seiner psychischen Störung geheilten und auch äußerlich kosmetisch wiederhergestellten Harvey Dent, der ihn während seiner Abwesenheit als Wächter über die Stadt vertreten hatte. Wie Batman im Folgenden ergründet, ob er Dent noch trauen kann, vor allem aber, wie dieser mit sich selbst, oder genauer: mit seinem zweiten, bösartigen Ich „Two-Face“ ringt, ist fesselnd erzählt – gerade auch auf der grafischen Ebene. Das ist umso bemerkenswerter, als die Geschichte ursprünglich auf die beiden Heftreihen Batman und Detective Comics verteilt erschien und dementsprechend auch von zwei verschiedenen Kreativteams gestaltet wurde. Die gemeinsame Handschrift, die diese entwickelten, brachte vielleicht keine künstlerisch herausragenden Einzelpanels hervor, dafür aber eine gut rhythmisierte grafische Erzählung, die dann am wirkungsvollsten ist, wenn sie auch mal über längere Strecken ohne Text auskommt und rein über die Bilder erzählen darf.

Um aber auf den Anfang zurückzukommen: Die Geschichte funktioniert eben nicht nur in sich selbst sehr gut; sie leistet auch einen bemerkenswerten Beitrag dazu, mal wieder Ordnung in der per definitionem endlosen und auch ohne den Einfluss Poison Ivys zur Verkrautung neigenden Batman-Erzählung zu schaffen. Wie Robinson ganz beiläufig aus ihren Handlungen heraus erklärt, welche Rollen die etablierten Charaktere in den folgenden Kapiteln einnehmen werden, und wie er nebenbei einige interessante, lebendig wirkende neue Figuren einführt, zeigt seine besonderen Fähigkeiten als Autor. Da darf dann auch einmal eine erzählerische Entscheidung dabei sein, die eher irritiert – wenn Batman zum Beispiel einen ganz normalen Privatdetektiv anheuert, der seine Fälle tagsüber weiterbearbeitet, solange er selbst schlafen muss. Aber vielleicht ist das der Entstehungszeit der Geschichte geschuldet – in den Zweitausendern wurde eben outgesourcet, was das Zeug hielt.

Die Plätze 10 bis 8 unserer Liste finden sich hier, die Plätze 5 und 4 hier.

Alle Abbildungen © DC Comics