Laut und mit Gefühl

Doomboy

Den sechsten Beitrag in unserer Reihe über Heavy Metal-Comics steuert Andreas Wolf bei, den viele ALLESFRESSER-Leserinnen und Leser garantiert aus dem höchst hörenswerten Comicpodcast POW! kennen. Er stellt einen ungewöhnlichen Comic vor, der ihn nicht nur wegen der poetischen Zeichnungen mitten in sein schwermetallisches Herz getroffen hat.

Lange zottelige Haare, schwarzes Shirt, schweigsam und unscheinbar. Auf den ersten Blick betrachtet ist „D.“ ein durchschnittlicher, introvertierter Jugendlicher. Seit er seine Freundin verloren hat, verbringt er viel Zeit mit seiner Gitarre am Strand und geht seiner großen Leidenschaft nach: Metal. Ungesehen von all den anderen Menschen spielt er nur für sich und den Wind. Bis er eines Tages von einem Freund begleitet wird und dieser das private Konzert über Radiowellen in die Welt schickt. Seit dem Moment fragen sich alle in der Szene, wer dieses Ausnahmetalent ist und was es mit den Liedern auf sich hat.

Der Schöpfer dieses außergewöhnlichen Buches ist der mexikanische Künstler Tony Sandoval. Egal welchen seiner Comics man sich greift, es erwartet einen immer eine bis zum Bersten gefüllte fantastische Geschichte, in denen Themen wie Liebe, Freundschaft oder ähnlich Essentielles behandelt werden. Angereichert mit allerhand fantastischen Elementen entsteht so eine einzigartige Melange, die einen unglaublichen Sog aufbaut. „Doomboy“ ist dabei keine Ausnahme. Auf der einen Seite geht es um einen Verlust, den unser Protagonist durchleben und verarbeiten muss, auf der anderen erleben wir die Aufarbeitung in Form der geliebten Gitarrenmusik, gespickt mit einem gekonnten Kommentar zur Kraft der kreativen Arbeit im Umgang mit tiefgreifenden Gefühlen.

Neben den einmaligen Geschichten pflegt er allerdings auch einen unverkennbaren Stil, der sofort ins Auge springt. Gerne paart er große Köpfe mit dünnen, schlaksigen Körpern und seine Szenarien scheinen voll gestopft zu sein mit unnatürlichen Formen. Man fühlt sich dabei immer leicht an Stilmittel des frühen Tim Burton erinnert. Das i-Tüpfelchen ist seine eigene Aquarell-Kolorierung, über die er seine feinen Striche abrundet und final ausgestaltet. Vor allem seine surrealen Elemente stellt er so gekonnt ins Scheinwerferlicht.

Für mich passt bei diesem Comic einfach alles zusammen. Eine düstere, unwirkliche Atmosphäre gepaart mit einer leidenschaftlichen Erzählung rund um meine liebste Musikrichtung.

Wertung: 6 von 6 ideal gestimmten Gitarrensaiten!

Beim Lesen hören: Da dieses Werk sowieso mehr mit dem Bauch als mit dem Kopf gelesen wird, bietet es sich an, beim Lesen direkt eine passende Platte aufzulegen. Ich empfehle hier entweder eine frühe Aufnahme der Schweden von OPETH oder die unfassbar stimmungsvolle CD „Monotheist“ der mittlerweile aufgelösten Band CELTIC FROST des Metal-Guru Tom G. Warrior.

Unser Autor: Andreas Wolf ist begeisterter Comicleser. Dabei beschränkt er sich nicht auf ein Genre, sondern stöbert gerne in allem, wofür er sich irgendwie begeistern kann. Dem Metal näherte er sich in früher Jugend über Slipknot und Metallica und seitdem hat die Musikrichtung ihn nicht mehr losgelassen. Auch wenn wenn die favorisierten Musiker bisweilen deutlich lauter sind.

 

Doomboy
Tony Sandoval / Cross Cult
Hardcover, 128 Seiten, 25 €

Alle Abbildungen © Tony Sandoval / Cross Cult